Im „Adler“ kochen Frauen aus der Region Lieblingsgerichte für die Gäste. Und er hat immer nur am Sonntag geöffnet.
TEXT: CHRISTIANE WÜRTENBERGER
Was macht man, wenn man sein Herz an ein leer stehendes Gasthaus verliert? Wenn man es perfekt macht, macht man es wie Irma Renner aus dem Bregenzerwald. Man macht das Beste draus. Das traditionsreiche, typische Bregenzerwälder Gasthaus „Adler“ in der Ortsmitte von Egg-Großdorf wurde vor ein paar Jahren aufgegeben und kam trotz mehrerer Wiederbelebungsversuche nicht mehr auf die Beine. Rettung war nicht in Sicht. Wieder ein tradionelles Gasthaus weniger? Das durfte doch nicht wahr sein.
Irma Renner schlich ein paar Mal um das wunderschöne, aber in die Jahre gekommene Schindelhaus herum. Grübelte, diskutierte, sprach mit ihrem Mann und mit vielen Freundinnen – und traf vor zwei Jahren schlussendlich eine weitreichende Entscheidung: Der „Adler“ sollte wieder große, weite Flügel bekommen, und zwar als kleines, feines Sonntagsgasthaus. Die Idee: Frauen aus der Region kochen ihre Lieblingsgerichte für die Gäste. Immer wieder sonntags gibt es dann ein ganz besonderes Drei-Gänge-Menü im „Adler“. Der Samstag ist der Vorbereitungstag, damit am Sonntag Zeit für den einen oder anderen Plausch mit den Gästen bleibt.
Jeder Sonntag ist anders,
jeder eine kleine Herausforderung
„Wir sperren ganz traditionell gleich nach dem Kirchgang auf“, erzählt Irma Renner, „dann kommen die ersten Gäste auf ein Achtele Wein. Und ab halb zwölf gibt’s dann den ganzen Sonntag Essen.“ Selbst gebackenes Brot und Kuchen nach gut gehüteten Familienrezepten ergänzen das sonntägliche Festmahl und sorgen für ein seliges Rundum-sorglos-Gefühl bei den Gästen. Draußen hängt ein richtiges Wirtshausschild. Die alten Holzdielen knarzen ein wenig, die Wände sind getäfelt, und durch einen glücklichen Zufall konnte Irma Renner auch noch schöne, in die Jahre gekommene Thonetstühle aus einem anderen Gasthaus übernehmen. Die Power-Frau, die eigentlich aus dem Marketinggeschäft kommt, bringt aus ihrer Zweitwahlheimat Italien ein gutes Gefühl fürs Schöne, Klassische, Schlichte mit.
So darf der „Adler“ herrlich gemütlich und nostalgisch bleiben. Und doch ist er auch irgendwie elegant. Die Bilder von Irmas Mann passen an die jahrhundertealten Wände. Und der, Paul Renner, ist nicht nur ein bekannter Vorarlberger Künstler, sondern mittlerweile auch Koch – im Sonntagsgasthaus. Mit ihm ist Irma viel in der Welt herumgekommen. Und deshalb vereinigt der „Adler“ nun nicht zuletzt auch all das, was die beiden auf Reisen entdeckt – oder sich gewünscht haben.
Im „Adler“ darf jeder seine
Lieblingsgerichte für die Gäste kochen
Einfach & genial: die Rinderfiletscheiben mit Ruccola und Parmesan
Talent mit Lust am Reisen: Die Bregenzerwälderin Milena Broger kocht oft im „Adler“. Und bringt immer wieder neue Ideen mit …
Mal leicht, mal deftig Was auf den Tisch kommt, kann jeden Sonntag ganz anders sein – je nachdem, wer kocht
Manchmal kommt auch Koch-Prominenz vorbei, wie hier der große Reinhard Gerer aus Wien
Man merkt, dass es Spaß macht
„Am Anfang war mir überhaupt nicht klar, wie das gehen könnte – sonntags für 50, 70 oder gar 90 Gäste zu kochen“, erzählt Irma Renner. „Aber ich wusste, dass es wahnsinnig schade gewesen wäre, den ‚Adler‘ einfach so verloren zu geben.“ Also machte die Vorarlbergerin sich auf die Suche – und fand im Bekanntenkreis gute Köchinnen, wie zum Beispiel Herta Covi, die bis heute regelmäßig ihre Lieblingsgerichte im „Adler“ kocht. „Hertas Kalbsbraten oder ihre Kartoffelnudeln aus dem Ofen sind ein großer Genuss“, schwärmt Irma Renner, für die eine jahreszeitliche Küche mit frischen, hochwertigen Zutaten das Wichtigste ist. Und natürlich eine gute Stimmung. Das Team ist bestens eingespielt, Irmas Schwester ist dabei, Bekannte, Freundinnen und die Freundinnen von Freundinnen.
Im „Adler“ wird hart gearbeitet am Tag des Herrn, aber es wird auch viel gelacht. „Die Gäste haben von Anfang an gemerkt, dass wir das hier alle sehr gerne machen“, sagt die spät berufene Gastronomin. „Für uns ist jeder Sonntag anders, jeder eine kleine Herausforderung.“ Und obwohl das alles schon ziemlich perfekt zu sein schien, folgte Irma Renner einmal mehr ihrem Bauchgefühl. Sie fand: Nicht jeder Sonntag sollte Vorarlberger Küche auf den Tisch bringen. Zu Hause kocht man am Wochenende ja schießlich auch mal asiatisch oder italienisch. Also engagiert sie neben ihren ganz persönlichen Lieblingsköchinnen auch Gastköche aus aller Welt: „Es waren inzwischen schon einige da, zum Beispiel der berühmte Reinhard Gerer aus Wien oder Jussuf aus Marrakesch“, erzählt sie.
Manchmal laden wir Gastköche ein.
Dann schmeckt der Sonntag auch
mal exotisch.
Play
Im Video erzählt Irma Renner, warum der „Adler“ etwas ganz Besonderes ist.
Zur Stammmannschaft gehört fast seit Anfang an auch Milena Broger, ein junges Koch-Talent aus Hittisau. Milena kocht hin und wieder für ein paar Monate woanders – in Tokio zum Beispiel, in der Karibik oder auch mal in Skandinavien. Aber dann kommt sie gerne wieder nach Hause, in den „Adler“. „Weil es dort nicht nur ums Kochen geht, sondern auch um die Kunst und das ganze bunte Leben“, sagt sie. Ihre neuen Ideen und Lieblingsgerichte bringt Milena Broger einfach mit. Zuletzt aus Bornholm: Kartoffelsuppe mit oder ohne Blunzn. Ein geräuchertes Lachsforellenfilet mit Jungzwiebeln und Sauerrahm. Und als Dessert Heidelbeertarte mit Buttermilch.
Was macht man, wenn man sein Herz an ein altes, einsames Gasthaus verliert? Man macht es wie Irma Renner. Füllt es mit Leben. Serviert eine erstklassige Küche. So wird eine große Liebe draus. Und die kennt bekanntlich keinen Alltag.
Wir verwenden Cookies, um ein optimales Website-Erlebnis zu bieten. Wenn Sie auf "Akzeptieren" klicken, stimmen Sie der Verwendung ALLER Cookies zu. Sie können jedoch die Cookie-Einstellungen besuchen, um eine kontrollierte Zustimmung zu erteilen. Zur Datenschutzseite
Diese Website verwendet Cookies, um Ihre Erfahrungen zu verbessern, während Sie durch die Website navigieren. Von diesen Cookies werden die als notwendig kategorisierten Cookies auf Ihrem Browser gespeichert, da sie für das Funktionieren der Grundfunktionen der Website unerlässlich sind. Wir verwenden auch Cookies von Drittanbietern, die uns helfen zu analysieren und zu verstehen, wie Sie diese Website nutzen. Diese Cookies werden nur mit Ihrer Zustimmung in Ihrem Browser gespeichert. Sie haben auch die Möglichkeit, diese Cookies abzulehnen. Wenn Sie einige dieser Cookies ablehnen, stehen Ihnen aber womöglich nicht alle Funktionalitäten der Webseite zur Verfügung.
Notwendige Cookies sind für das einwandfreie Funktionieren der Website absolut notwendig. Diese Kategorie umfasst nur Cookies, die grundlegende Funktionalitäten und Sicherheitsmerkmale der Website gewährleisten. Diese Cookies speichern keine persönlichen Informationen.