Jöslar, Andelsbuch
Ein Lokal, ein Laden, ein Kino – retro cool
TEXT: Renate Breuß und Marina Hämmerle
Gunter Fetz, besser bekannt als Gunni führt den Jöslar mit Corinne Knapp. Sie managt das Back Office, er macht das Programm. Florian Isenberg ist der Koch, insgesamt bilden 6 Köpfe ein Allround-Team.
Im Eröffnungsjahr 2013 tut sich an der Hauptstraße von Andelsbuch, einem Straßendorf mitten im Bregenzerwald, einiges. Gleich drei Häuser sind für Architekturpreise nominiert, das Gasthaus Jöslar erhält den Hypo-Bauherrenpreis, die Wälderversicherung den Holzbaupreis und der Werkraum Bregenzerwald mit dem Haus von Peter Zumthor den Österreichischen Bauherrenpreis. Kein Wunder, so wird aus einem Straßenzug zusehends eine urban anmutende Flaniermeile.
Der Kommentar der Jury zum Jöslar: „Ein verstorbener Wirt. Ein neuer Pächter macht fast nichts und vieles richtig. Das neue-alte Wirtshaus Jöslar ist Bar, Treffpunkt, Laden, Kino und Veranstaltungsraum in einer ländlichen Gegend, wo der Weg sonst zumeist raus oder in die Stadt führen muss. Die Minimalintervention zur Ertüchtigung zeugt von beinahe traumwandlerischer Sicherheit im Umgang mit Bestand, dem emotionalen Bestand, die rauchvergilbten Decken erhalten, die Fassade lediglich abgewaschen. Das Neue, ein zart gereinigtes Altes. Ein Angebot, (retro)cool. Eine Frage nicht einer anderen Architektur, sondern einer Haltung.“ (Zitat Arno Brandlhuber, 2013)
Mit einer prominenten Bar und dem direkt erschlossenen Gastgarten haben die Architekten Albert Moosbrugger und Christian Feldkircher den Rahmen für gute Gespräche und spontanes Zusammenkommen geschaffen. Das Konzept ist aufgegangen, der Gast mäandert zwischen Tresen, Tisch und Treppenpodest, umgeben von Rauch und Abendrot. Das Mobiliar ist wie sein Wirt beweglich, die Ausstattung ein Potpourri aus Retro und Kult. Gleich beim Eingang im alten Krämerladen ein kleiner Flohmarkt – Gunnis Liebhaberei.
Legendär war schon der alte Jöslar, ein typisches Bregenzerwälder Mittelflurhaus. Hier gingen die neuesten Nachrichten zwischen Schoppernau und Alberschwende schneller als jedes Druckmedium über den Tisch. Auch ist niemand unerkannt geblieben. Zum Ende hin gabs wohl noch Getränke, für den gröbsten Hunger eine Mannerschnitte. Aufgebessert mit wandbreiter Leinwand und herrlich gefüllten Broten ist der Gast heute medial und „magial“ bestens versorgt.
Kulinarisch dreht sich die Welt im Jöslar um Seelen. Nicht um den alten Brauch des Totenbrots zu Allerseelen, nein im Jöslar gehts um warme Seelen – aus aller Herren Länder. Korsisch, mediterran, feurig, vegan bis älplerisch, die 18erlei Seelen sind immer eine Reise wert. Die knusprige Ciabatta liefert der Bäcker von nebenan, die Salate sind weit mehr als nur Dekor. Neu im Konzept, aber noch nicht im Ofen, ist der Sonntagsbraten. Für das an jedem 1. Sonntag im Monat angebotene Gaumenkino stehen Kinofreaks Schlange, im Rundpaket von € 40 sind Kinokarte und ein 3-gängiges Menü inklusive.
Der Jöslar ist Kultur pur, atmosphärisch ein witzig gestalteter Mix aus Retourette, Bierdeckel, Wandtapete, Schnapsregal und Monty Python. Und warum Jöslar? So wie das Maria Theresia Gewerbe am Haus haftet, ist auch der von Josef hergeleitete Jöslar ans Haus gebunden.