C Busstop Krumbach, Glatzegg © Albrecht Imanuel Schnabel / Vorarlberg Tourismus
BUS:STOP
Wie die weite Welt der Architektur in den Bregenzerwald kam
C Busstop Krumbach, Glatzegg © Albrecht Imanuel Schnabel / Vorarlberg Tourismus
Wie die weite Welt der Architektur in den Bregenzerwald kam
Hingucker: Architekten aus aller Welt entwarfen 7 „Buswartehüsle“ für Krumbach im Bregenzerwald
TEXT: THOMAS ZWICKER
Der gelbe Landbus ist wichtig für kleine Gemeinden wie Krumbach im Bregenzerwald. Als dort die Haltestellen erneuert werden mussten, beschloss man, Alltagsmobilität und Baukultur zu verbinden – durch Entwürfe für die „Wartehüsle“ von Architekten aus aller Welt. Entstanden ist das Projekt BUS:STOP Krumbach.
Die große weite Welt kam nach Krumbach. Sou Fujimoto kam aus Japan. Alexander Brodsky kam aus Russland. Smiljan Radic reiste aus Chile an. Insgesamt sieben Architekten aus sieben teils weit entfernten Ländern, die allesamt (noch) nicht zu den Superstars ihrer Branche zählen, aber international einiges Ansehen genießen, nahmen teil an einem verrückten Projekt. Jeder von ihnen entwarf ein ureigenes „Buswartehüsle“ für Krumbach, das dann in Zusammenarbeit mit lokalen Berufskollegen und Bregenzerwälder Handwerkern gebaut wurde. Und somit half, den kleinen Ort auf die große Weltkarte der Architektur zu katapultieren.
Das 1000-Einwohner-Dorf Krumbach liegt eingebettet in der wunderschönen Vorarlberger Landschaft. Baukultur und solides Handwerk haben hier Tradition, unschwer erkennbar schon am properen Gemeindeamt und dem Pfarrhaus. „Außerdem spielt der öffentliche Personennahverkehr bei uns im ländlichen Raum eine wichtige Rolle“, sagt Arnold Hirschbühl, weit gereister und dabei umso mehr in seine Heimat verliebter Altbürgermeister des Dorfes, „jede halbe bis ganze Stunde fährt hier der gelbe Landbus.“ Als dann die Erneuerung der sieben Busstationen der Gemeinde überfällig war, entstand am Stammtisch eine verwegene Idee: die Themen Baukultur und Alltagsmobilität zu verbinden, Zeichen zu setzen gegen eine Reduzierung des „nicht rentablen“ Busverkehrs in ländlichen Gebieten – und zugleich die weite Welt der Architektur nach Krumbach zu holen.
„Wir wollten einfach mehr aus unseren Buswartehüsle machen“, sagt Arnold Hirschbühl, und schließlich ist man im Verein „kultur krumbach“ und im Ort innovativen Ideen gegenüber stets aufgeschlossen – „Meor ehrod das Ault, und grüssod das Nü“, wir ehren das Alte und begrüßen das Neue, hat schon der Bregenzerwälder Mundartdichter Gebhard Wölfle (1848–1904) gesagt.
Für innovative Ideen ist man hier seit
eh und je aufgeschlossen
Das mutige Ansinnen, Architekten aus fernen Ländern für den Bau der kleinen Haltestellen zu gewinnen, wurde folgerichtig an Dietmar Steiner herangetragen, Direktor des Architekturzentrums Wien mit Freunden in Krumbach und sehr vielen internationalen Kontakten. Der mochte die Anfrage zunächst gar nicht ernst nehmen, wimmelte ab. Krumbach insistierte, Dietmar Steiner überlegte, fing Feuer. Übte Schulterschluss mit dem renommierten Vorarlberger Architektur Institut (vai), schaute hinaus in die Szene nach jungen, unkonventionellen Baumeistern, suchte sieben Protagonisten aus, nicht die großen Stars im globalen Business, aber Aufreger mit eigenständigen künstlerischen Positionen. Man schickte Anfragen hinaus.
Wir wollten einfach mehr aus unseren Buswartehüsle machen.
„Zu unserer Überraschung haben dann alle sieben zugesagt“, erinnert sich Bürgermeister a.D. Arnold Hirschbühl, obwohl der Lohn für die internationalen Baumeister eher bescheiden war: Flugticket für den Besichtigungstrip, ein einwöchiger Urlaub für Zwei in einem Bregenzerwälder Hotel als Honorar, das war’s.
Die Entwürfe aus aller Welt wurden
von Kollegen vor Ort umgesetzt
Das Verrückte an der Sache, die soziale Aufgabe, auch die internationale Idee habe den Ausschlag für die Jungstars gegeben, sagt Kurator Steiner. Und die Neugier auf Vorarlberger Baukultur, das hiesige Handwerk, die Zusammenarbeit. Jedem ausländischen Teilnehmer wurde ein Vorarlberger Kontakt-Architekt auf Augenhöhe an die Seite gestellt, der sich ehrenamtlich vor Ort um die Bauleitung kümmern, Nahtstelle zwischen Entwurf und Umsetzung sein sollte. Handwerker aus der ganzen Region wurden für die Umsetzung gewonnen, die Arbeit meist ebenfalls ehrenamtlich getan, für Materialkosten wurden Sponsoren gefunden.
Als dann die Architekten aus aller Welt im Frühjahr 2013 zur Ortsbesichtigung kamen, waren sie von der Präzision und der Sorgfalt beeindruckt, die das Vorarlberger Bauhandwerk prägen. Dann gingen sie daheim an die Arbeit. Im Sommer trudelten ihre Entwürfe ein, einige als grobe handgefertigte Skizzen, andere ausgefeilt, was die örtlichen Partnerarchitekten vor ganz unterschiedliche Herausforderungen stellte. Modelle wurden gefertigt und im Kunsthaus Bregenz als Projekt „BUS:STOP Krumbach“ präsentiert. Bisweilen gab es auch hartnäckige Diskussionen um Ideen und Machbarkeit. So erinnert sich Hugo Dworzak, Vorarlberger Architekt aus Lustenau, an Dispute mit seinem russischen Partner: „Alexander Brodsky wollte für sein Bushüsle an der Haltestelle Oberkrumbach unbedingt hölzerne Schindeln für die Dacheindeckung, was der Holzbauer aber wegen der geringen Dachneigung verweigerte, da es nicht funktionieren konnte – letztendlich hat sich Brodsky einsichtig gezeigt.“
Anfängliche Skepsis der Bevölkerung
ist schnell verschwunden
Die Bevölkerung, die Gastwirte und die Vereine Krumbachs wurden von Beginn an bestmöglich mit einbezogen, „sonst“, so Arnold Hirschbühl, „hätte das ganze nicht funktioniert.“ Wenn ein Bushüsle fertiggestellt war, wurde ein Richtfest zusammen mit den Anwohnern gefeiert. Anfängliche Skepsis bei den Menschen verschwand bald – „eine Dame des Ortes zum Beispiel fühlt sich mit der neuen Haltestelle vor ihrem Haus nun derart verbunden, dass sie sie inniglich hegt und pflegt, als sei es ihr Eigen“, freut sich der Bürgermeister. Auch der Verkehrsverbund Bregenzerwald, Betreiber der gelben Landbusse, zeigte Wohlgefallen.
Wenn ein Bushüsle fertiggestellt war, wurde ein Richtfest zusammen mit den Anwohnern gefeiert.
Zwischen vielen der Akteure sind heute Freundschaften entstanden. Und kulturinteressierte Urlauber schauen vorbei, freuen sich an den teils skurrilen Entwürfen. Und die könnten unterschiedlicher kaum sein. Die Bandbreite der neuen Buswartehüsle reicht vom gläsernen Pavillon mit schwarzer Betondecke und Bauerngestühl des Chilenen Smiljan Radic (Haltestelle „Zwing“) über eine Station aus Holzstapeln des spanischen Ensamble Studio (Haltestelle „Unterkrumbach Nord“) bis zum Metallgebilde der belgischen Architekten De Vylder Vinck Taillieu („Unterkrumbach Süd“). Den Vogel aber schießt der Entwurf des Japaners Sou Fujimoto ab (Haltestelle „Bränden“), ein Wald aus weißen, 4,5 Zentimeter starken Stahlstangen, zwischen denen sich eine schmale Treppe gen Himmel schraubt – Wetterschutz gleich Null, aber von oben genießt man einen tollen Blick und sieht den Bus schon von weitem kommen. „Aus baurechtlichen Gründen mussten wir da eine Tafel ,Betreten verboten’ anbringen“, so Altbürgermeister Hirschbühl, „aber das Schild ist dann ganz schnell wieder verschwunden …“
Krumbach hat mit dem Projekt BUS:STOP ein Stückchen Architekturgeschichte geschrieben. Ermöglicht werden konnte das alles nur durch den Zusammenhalt zwischen Bevölkerung, Architekten aus dem In- und Ausland, Handwerkern und lokaler Politik. Und auch Krumbachs Schulkinder lieben die Häuschen der Baumeister aus fernen Ländern. Zusammen mit ihren Lehrerinnen haben sie ein passendes Lied komponiert: „Wir fahren mit dem Landbus in die weite Welt …“
Nach oben offene Struktur aus dünnen Stahlstangen mit gewundener Stiege, schafft neue Dimension zur Wahrnehmung von Ort, Raum und Natur.
Architekt: Sou Fujimoto, Japan
Partnerarchitekt vor Ort: Bechter Zaffignani Architekten, Bregenz
Schichtung roher Bretter, die völlig unbehandelt blieben, inspiriert von den Trockenlagern der Holzwerkstätten im Bregenzerwald
Architekten: Ensamble Studio, Antón García-Abril/Débora Mesa, Spanien
Partnerarchitekt vor Ort: Dietrich/Untertrifaller Architekten, Bregenz/Wien
Spitzwinklige Metallkonstruktion aus dreieckigen Flächen, inspiriert durch die winterlichen schneebedeckten Berge.
Architekten: De Vylder Vinck Taillieu, Belgien
Partnerarchitekt vor Ort: Thomas Mennel/MeMux, Schwarzenberg
Eine Camera Obscura, der konische Raum öffnet sich zur Straße, mit Fenster an der Rückwand zu den Bergen.
Architekt: Amateur Architecture Studio, China
Partnerarchitekt vor Ort: Hermann Kaufmann, Schwarzach
Zweistöckige Holzkonstruktion, der obere Stock bietet nach hinten Blick auf einen Tennisplatz, um Wartezeit auf den Bus zu verkürzen
Architekten: Rintala Eggertsson Architects, Norwegen
Partnerarchitekt vor Ort: Baumschlager Hutter Partners, Dornbirn
Holzturm auf engem Raum, unten verglast mit Tisch und Bank, oben
sind Öffnungen „für Vögel zum Durchfliegen“.
Architekt: Alexander Brodsky, Russland
Partnerarchitekt vor Ort: Hugo Dworzak, Architekturwerkstatt Dworzak, Lustenau
Glaspavillon mit Kassettendecke aus schwarzem Beton, bäuerliche Holzstühle, ein oben seitlich angebrachtes Vogelhäuschen als Eyecatcher.
Architekt: Smiljan Radic, Chile
Partnerarchitekt vor Ort: Bernardo Bader Architekten, Dornbirn
… von Lochau über Wolfurt in den Bregenzerwald.
Vorarlberg ist erstaunlich dicht besiedelt, in…
62.09 km
6 h
leicht
Schwierigkeit: | leicht |
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Strecke: | 62.09 km |
Aufstieg: | 1508 m |
Abstieg: | 1286 m |
Dauer: | 6 h |
Tiefster Punkt: | 398 m |
Höchster Punkt: | 810 m |
Erlebnis: |
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Landschaft: |
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… von Lochau über Wolfurt in den Bregenzerwald.
Vorarlberg ist erstaunlich dicht besiedelt, in seiner…
Start der TourLochau
Ende der TourSchwarzenberg
BeschreibungÜblicherweise ist zeitgenössische Architektur in ländlichen Regionen eine Sache von Einzelobjekten. So auch lange Zeit in Vorarlberg. In den 1990er-Jahren konnte sich in Vorarlberg eine Wettbewerbskultur um öffentliche Bauten entwickeln, die zunehmend Plätze und Ortsräume in die Gestaltungen integrierte. Weiters führte die zunehmende Dichte an zeitgenössischen Bauten zu dem bemerkenswerten Phänomen, dass Orts- oder Quartierszentren sich zu Ansammlungen hochwertiger Architektur verwandelten.
Der Erhalt dezentraler Strukturen und die Förderung von…
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