C Ulrike Fink mit Tochter Johanna und Mutter Wilma © Angela Lamprecht / Vorarlberg Tourismus
Ein Zuhause auf Zeit
Gastgeberfamilie Fink – Gasthof Krönele Lustenau
C Ulrike Fink mit Tochter Johanna und Mutter Wilma © Angela Lamprecht / Vorarlberg Tourismus
Gastgeberfamilie Fink – Gasthof Krönele Lustenau
Der Gasthof Krönele im Rheintal bietet Geschäftsreisenden eine zweite Heimat
Ulrike Fink muss einen Moment überlegen, und dann noch einen, zur Sicherheit, ist ja auch nicht ganz einfach: Mit welchem Satz bringt man sein Gastgebergeheimnis auf den Punkt? Das, was das eigene Haus ausmacht? „Das zweite Mal ist entscheidend“, sagt Ulrike Fink. Man müsse einen Gast mit Namen begrüßen können, wenn er das zweite Mal zur Rezeption kommt.
Bei uns übernachten Reisende. Die meisten sind Geschäftsleute. Viele wären lieber zu Hause bei ihren Familien. Wenn die sich bei uns im Krönele nicht aufgehoben fühlen, fehlt ihnen etwas. Und wir hätten etwas falsch gemacht.
Den Gasthof Krönele in Lustenau gibt es seit 1875; anfangs hatte das Gasthaus nur eine Handvoll Zimmer, in denen Hausierer, Seifensieder und Küfer am Ende eines langen Arbeitstages übernachteten. Ulrike Finks Ururgroßmutter Maria Sperger leitete mit ihrem Mann Gebhard den Betrieb, der mittlerweile natürlich längst viel größer ist: 70 Zimmer, 200 Sitzplätze im Restaurantbereich. Und je nach Saison bis zu 50 Mitarbeiter. Und vier Sterne, das auch. „Trotzdem sind wir immer noch das Krönele“, meint Ulrike Fink, „wir sind wir geblieben.“ Der Betrieb hat sich wohl ganz einfach mit dem Ort weiterentwickelt. Denn auch Lustenau im Rheintal – in unmittelbarer Nähe zur schweizerischen Grenze gelegen – hat einen ziemlichen Aufschwung hinter sich. Ermöglicht wurde dieser Boom 1867 durch die Eröffnung der Lustenauer Rheinbrücke, der ersten Rheinbrücke in Vorarlberg.
Sie ermöglichte einen schnellen Güteraustausch mit der Schweiz und begründete die rasche Entwicklung einer prosperierenden Stickerei-Industrie in der Region. Und wo sich viele mittelständische, oft auch familiengeführte Betriebe ansiedeln, da gibt es eben auch mehr und mehr Geschäftsreisende. Bis heute übernachten die meisten Gäste im Krönele, weil sie am nächsten Tag Termine in einer der Rheintaler Firmen haben. Seit Längerem macht sich die Nähe zur Schweiz aber auch im Restaurantbetrieb bemerkbar; viele kommen für ein Abendessen über die Grenze. Da biete man offenbar ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, meint Ulrike Fink.
Mit den Jahren haben ihr diverse Unternehmensberater dieses und jenes vorgeschlagen, aber sie habe sich immer auf ihr Bauchgefühl verlassen. „Was die nicht alles automatisieren wollten! Aber das wollen wir ja gerade nicht, dieses Standardisierte, Schablonenhafte. Noch nie wollten wir das. Schon beim Checkin nicht.“ Fünf Generationen haben den Gasthof Krönele jetzt schon geführt, immer waren es die Frauen, die das Ruder in die Hand genommen haben, und immer hat die scheidende Generation noch eine Zeit lang auf die folgende aufgepasst. Ulrike Finks Mutter ist nach wie vor überall im Haus präsent – selbst dann, wenn sie gerade nicht zu sehen ist: Die großformatigen, abstrakten Gemälde, die im Gasthof hängen, stammen von ihr. Ulrike Fink hat zwei Töchter. Beide, erzählt sie, können frei entscheiden, ob sie das Haus weiterführen wollen oder nicht.
Ulrike Fink muss zur Rezeption, ein Gast zahlt gerade, und ohne einen persönlichen Satz lässt sie niemanden ziehen, denn der persönliche Kontakt ist ihr wichtig: „Du gibst dem Gast ein Zuhause auf Zeit. Wenn du das nicht kannst, kommt er nicht wieder.“