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Bregenzerwälder Tracht (c) Christoph Lingg / Bregenzerwald Tourismus
Tradition und Handwerk

Ein Besuch in der Juppenwerkstatt Riefensberg

Text: Nina Hüpen-Bestendong

Ein in hunderte Falten gelegtes Plisseekleid aus glänzendem geleimten Leinen, ein mit Goldfäden besticktes Mieder, Gürtel und Schürze, eine langärmlige Bluse, ein Halsband und zumeist ein Strohhut oder eine Spitzkappe – so hat man sie an einem Sonntag vielleicht schon einmal gesehen, die Bregenzerwälderinnen. Juppe nennt sich die Jahrhunderte alte Tracht, die die Trägerin meistens ihr ganzes Leben begleitet und schließlich sogar weitervererbt wird. Umso schöner ist es, dass immer mehr junge Frauen aus dem Bregenzerwald die Kleider ihrer Großmütter entstauben und zu neuem Leben erwecken und die Juppe dadurch heute ihren Weg in die Moderne findet.

Ich wollte der Herstellung und dem Handwerk dieser Kleider einmal etwas näher auf die Spur kommen und bin dafür in die Juppenwerkstatt nach Riefensberg gefahren. Da das Wissen um die Herstellung der Tracht vom Aussterben bedroht war, hat hier 2003 ein Schaubetrieb eröffnet, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, das Handwerk und die dazugehörigen Gerätschaften zu erhalten.

Schon von außen erkenne ich, dass hier Tradition und Moderne Einzug gefunden haben. Der Wirtschaftsteil des ehemaligen Gasthaus Krone wurde vom Architekten Gerhard Gruber modernisiert und auf die Bedürfnisse der Werkstatt angepasst. Um dem Innenleben des also ursprünglich eher verschlossenen Gebäudes mit Holzfassade das nötige Licht zu verschaffen, wurde die Verkleidung der Nordostwand entfernt und durch riesige Schindeln aus Glas ersetzt. So flutet Tageslicht durch das alte Gebälk des Fachwerks direkt in fast alle Arbeitsbereiche der Werkstatt. Eines muss man den Bregenzerwäldern wirklich lassen: Für gute Architektur haben sie wirklich ein ganz besonderes Gespür, das sich auch ins Innere des Gebäudes zieht. Die Nähwerkstatt, eine Art langgezogener moderner Kubus mit Vitrinen an der Seite schwebt geradezu im zweiten Stock.

Kindertrachtengruppe Bregenzerwald (c) Ludwig Berchtold – Vorarlberg Tourismus
Juppenwerkstatt Riefensberg, Vorarlberger Trachten, Museen Highlights (c) Kulturzeitschrift

Juppenwerkstatt Riefensberg
Kinder in Bregenzerwälder Tracht, der Juppe

„An der Tracht hängt der Wälderin ganzes Herz, sie ist stolz auf dieselbe, findet sie selbst schön und hat darin vollkommen Recht“ – das schrieb Andreas Oppermann in seinem Reisebericht aus dem Bregenzerwald im Jahre 1859. Die Tradition der Juppe startet aber schon viel früher: Nämlich im 15. Jahrhundert. Doch das „Design“ der Juppe selbst ist, wie ich finde, ziemlich zeitlos, schlicht und elegant. Vermutlich ein Grund, warum sie gerade eine Renaissance erlebt. Das Wort „Juppe“ hat viele Verwandte in Europa: Vom französischen Wort „Jupe“ für Rock, über die Joppe, eine Männerjacke im süddeutschen Raum bis hin zum „Jöppchen“, wie man in meiner Heimat die kleinen Säuglingsleibchen nennt.

Die Herstellung einer Juppe besteht aus unzähligen Arbeitsschritten und verschiedene Kunsthandwerkerinnen sind an der Kreation einer einzelnen Tracht beteiligt. Bis zu eineinhalb Jahre dauert es von der Bestellung bis zur fertigen Juppe, erklärt mir Maria Rose Steurer-Lang vom Verein der Juppenwerkstatt bei meinem Besuch. Der Leinenstoff wird zwar heutzutage bereits gefärbt gekauft, aber auch heute noch vor Ort nach alter Rezeptur geleimt, getrocknet, geglästet, gefaltet und monatelang ausgehängt. Zwei um die hundert Jahre alte Maschinen erleichtern inzwischen jeweils das Glästen, welches den charakteristischen Glanz in den Stoff bringt und das Falten der über 500 Falten. So langsam wird mir bewusst, warum so eine Juppe schnell mal mehrere Tausend Euro kostet.

Bei meinem Besuch lerne ich nicht nur über die einzelnen Arbeitsschritte, sondern kann einer Kunsthandwerkerin auch direkt über die Schulter schauen. Katharina Steurer knüpft mit echtem Goldfaden die Schmuckbänder, die zumeist am Rücken des Kleides zur Verzierung genutzt werden. Sie erzählt mir dass sie die alten Muster lange studiert und mit günstigem Faden ausprobiert hat, um sie sich so selbst beizubringen. Der empfindliche und teure Goldfaden erlaubt keine Fehler, denn er lässt sich nicht wieder aufknoten. Völlig fasziniert beobachte ich Katharina beim Knoten des Bandes und mag mir kaum ausmalen wie viele Arbeitsstunden sie bereits in die wenigen Zentimeter gesteckt hat.

Ich muss zugeben, ich hätte nicht gedacht, dass mein Besuch in der Juppenwerkstatt so inspirierend werden würde und kann sehr gut nachvollziehen warum die Juppe noch heute mit Stolz von den Bregenzerwälderinnen getragen wird.

Nina Hüpen-Bestendonk, August 2019

Die Juppenwerkstatt ist nicht nur Schaubetrieb, sondern auch Museum. Die diesjährige Ausstellung „Falten, Krausen und Plissee“ zeigt den Ursprung der Juppe und wirft einen Blick über den Arlberg nach Nord- und Südtirol und der Entwicklung der dortigen Trachten.

Ich muss zugeben, ich hätte nicht gedacht, dass mein Besuch in der Juppenwerkstatt so inspirierend werden würde und kann sehr gut nachvollziehen warum die Juppe noch heute mit Stolz von den Wälderinnen getragen wird.

Hier finden Sie die Juppenwerkstatt
    • Juppenwerkstatt

      Juppenwerkstatt Riefensberg

      Direkt im Ortszentrum der Gemeinde Riefensberg befindet sich die Juppenwerkstatt.

      Juppenwerkstatt Riefensberg
      Juppenwerkstatt Riefensberg
      Juppenwerkstatt Riefensberg
      Straße: Dorf 52
      Ort: 6943 Riefensberg
      Telefon: +43 5513 835615
      Fax: +43 5513 83566
      Website: http://www.juppenwerkstatt.at
      E-Mail: info@juppenwerkstatt.at

      Juppenwerkstatt Riefensberg

      Direkt im Ortszentrum der Gemeinde Riefensberg befindet sich die Juppenwerkstatt.

      Beschreibung

      Die Juppenfärberei ist ein jahrhundertealtes Handwerk, das nur noch in der Juppenwerkstatt Riefensberg gepflegt wird. In einem langwierigen Prozess entsteht hier der steife, glänzende und in unzählige Falten gelegte Stoff, aus dem eine der ältesten und wertvollsten Trachten Europas, die Bregenzerwälder Juppe, gefertigt wird. Gearbeitet wird nach uralter Rezeptur und auf über 100 Jahre alten Maschinen.

      Die Juppenwerkstatt ist darüber hinaus Kursort für die Trachtenherstellung sowie Auskunfts- und Kontaktstelle für…

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