Trailrunning im Kleinwalsertal
Fitnessstudio in freier Natur
Dass sich das Laufen im Gelände insbesondere im Kleinwalsertal so großer Beliebtheit erfreut, liegt neben der attraktiven Kulisse auch an den Workshops von Erfolgsläufern wie Daniel Jochum.
TEXT: CHRISTIAN HAAS
Der 28-jährige Daniel Jochum ist nicht nur ein geborener Walser, sondern auch ein geborener Läufer. Seit seinem zehnten Lebensjahr absolvierte er zig Cross-, Berg- und Extremläufe. Kurz: Als einer der erfolgreichsten aktiven Trailrunner im Tal verfügt er über enorme Praxiserfahrung. Hinzu kommt ein beachtlicher theoretischer Background, etwa in Gestalt seiner Doktorarbeit im Bereich der Sportwissenschaften. Im Bereich der Didaktik ist Daniel ebenfalls gut unterwegs. Kein Wunder, leitet er doch regelmäßig Laufworkshops. Sein Credo: „Das Laufen im Gelände funktioniert auf allen Arten von Wegen, von der Forststraße bis zum Wiesenpfad. Hauptsache in der Natur, Hauptsache kein Asphalt.“
Verlockungen am Wegesrand
Dieser Ansatz kommt bei Trailrunning-Novizen gut an. Ebenso der Schwarzwasser Trail – eine Runde, die nicht nur von Wanderern geschätzt wird, sondern auch von Trailrunning-Einsteigern. Zwölf Kilometer und 450 Höhenmeter sind zwar sportlich, aber mit etwas Lauferfahrung gut in zweieinhalb Stunden machbar. Erst recht, da eine attraktive Berg- und Bachkulisse von schweißtreibenden (Puls-)Anstiegen ablenkt. Für Kühlung sorgt der Schwarzwasserbach, an dem der in Riezlern beginnende und endende Weg entlangführt. „Nachteil“: Man kommt leicht auf andere Gedanken. Etwa Füße reinhalten oder an den XXL-Holzliegen am NaturErlebnisplatz Kesselschwand anhalten.
Aussicht auf Zweitausender – und bessere Kondition
Dass Daniels Workshop-Teilnehmer ihren „Leg di drauf“-Rufen widerstehen, liegt auch daran, dass nicht Trackingwerte im Fokus stehen, sondern der Spaß – und Daniels Tipps. Nach der Naturbrücke etwa rät er: „Bei Bergaufpassagen leicht nach vorne beugen.“ Und als es mal runter geht: „Für die Stabilität darauf achten, auf dem Vorfuß zu gehen. Als würde man tänzeln.“ Vergnügt tänzelnd geht es dann weiter durch die Landschaft, vorbei an den „Kessellöchern“ (in denen sich auch gern mal eine Canyoninggruppe vergnügt) und über Wiesen mit großartiger Aussicht aufs Tal und die Zweitausender gegenüber. Daniel weiß: „Für viele stellt die Naturkulisse einen Grund dar, Trailrunning zu intensivieren. Andere Gründe: Der Sport beansprucht die komplette Muskulatur, schult Körper und Geist in Konzentration und Koordination. Angenehm sei auch, dass man sich angesichts fehlenden Gepäcks sehr frei fühlt.“ Eine weitere Freiheit ist es, so rasch zu gehen oder zu laufen, wie man gerade will.
Im Rausch der Geschwindigkeit
Bei seinen Solotouren will Daniel hingegen meist Speed. „Bergauf laufe ich dreimal so schnell wie die Wanderschilder angeben, bergab ist es auch mal der Faktor fünf.“ Bitte, was? „Im Training jedoch“, so die prompte Beschwichtigung, „befasst sich das meiste mit langsamerem Tempo.“ Apropos Training: Das Kleinwalsertal bietet Strecken für jedes Level. Das bezieht sich neben der Geographie – die Wege verlaufen zwischen 1.100 und 2.500 Metern auf drei Höhenlagen – vor allem auf die Könnensstufe. Einsteiger kommen vor allem in den Seitentälern auf Trab, etwa bei der Wildental Trail-Runde. Bei wem es dann richtig gut läuft, kann leicht tiefer ein- respektive höher aufsteigen. Zum Beispiel ins Gottesackergebiet, das aufgrund seltener Karstverwitterungserscheinungen eine sehr anspruchsvolle, aber auch landschaftlich sehr reizvolle Streckte bietet. Die Krönung: Beim Walser Ultra-Trail, Teil der Walser Trail Challenge (Termin 2022: 30./31. Juli), sind 62 Kilometer und 3.800 Höhenmeter zu bewältigen. Da geht es schon um gute Zeiten, aber nicht nur. „Der Grund, warum wir an Rennen teilnehmen“, zitiert Daniel gern den Top-Autor Christopher McDougall, „ist nicht unbedingt einander zu besiegen, sondern um beieinander zu sein.“