Vorarlberger Kinder bereichern "Carmen"
Inmitten der Stars der Bregenzer Festspiele
Lea Gratzer (15) und Lea Hölzl (13), zwei Mädchen aus Bregenz/Umgebung, stellen auf der Seebühne die junge „Carmen“ dar
TEXT: THORSTEN BAYER
Während andere Schulkollegen ihre Ferien in den Bergen oder an fernen Stränden genießen, sind Lea Gratzer und Lea Hölzl zuhause am Bodensee geblieben. Und das mit gutem Grund: Jeden Abend spielt eine von beiden vor rund 7.000 Besuchern auf der voll besetzten Seebühne der Bregenzer Festspiele. Die jeweils andere singt mit einer Hälfte des Kinderchors im Festspielhaus. So tragen sie ihren Teil zur erfolgreichen Inszenierung von Georges Bizets Oper Carmen bei.
Seite an Seite mit den Wiener Symphonikern
40 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 10 und 15 Jahren umfasst der Chor unter der Leitung von Wolfgang Schwendinger. Der Bregenzer Musikpädagoge stellt für den Carmen Kinderchor zwei gleich große Gruppen zusammen. Eine steht im Festspielhaus neben dem Dirigenten und wird live übertragen, so wie die Wiener Symphoniker und der Prager Philharmonische Chor. Die andere Gruppe ist auf der Seebühne zu sehen und zunächst bei der Ouvertüre schauspielerisch gefragt. Ihre Gesangspartien folgen bei der Wachablösungs-Szene. Die Gruppen wechseln sich täglich ab. An sieben Operninszenierungen der Bregenzer Festspiele hat der Kinderchor der Musikmittelschule Bregenz-Stadt mitgewirkt. Los ging es 1981 mit Otello bei der Oper im Festspielhaus. Nach Turandot 2015/16 ist er bei Carmen wieder dabei.
Internationales Flair
Lea Hölzl aus Langen bei Bregenz spielt heuer zum ersten Mal „Carmen“ als Kind. Von den Sängerinnen der „großen Carmen“ ist sie ganz fasziniert, beispielsweise von der berühmten Mezzosopranistin Gaëlle Arquez. „Ihre Stimme ist so kraftvoll“, schwärmt sie von der Französin. Stars wie Arquez hautnah, „in echt“ auf und hinter dieser Weltbühne zu erleben, bereite ihr immer wieder ein Kribbeln im Bauch.
International sind sowohl die Besetzungen als auch die Gäste bei den Bregenzer Festspielen – und auch die beiden „kleinen Carmens“ und der Carmen Kinderchor sind bereits über die Grenzen hinaus bekannt geworden. Neben den Vorarlberger Medien hat heuer der deutsche Südwestrundfunk über sie berichtet.
Identifikation
Seit Anfang Juli, als die szenischen Proben mit dem Regisseur und den anderen Darstellern auf der Seebühne begann, sind die Chorkinder mindestens dreimal pro Woche im Einsatz gewesen. Die Carmen-Saison selbst umfasst – noch bis zum 20. August 2018 – 29 Aufführungen. . „Du musst mit dem Herzen dabei sein“, findet Schwendinger, der auch auf Disziplin und Teamfähigkeit setzt. „Es geht schon viel Freizeit drauf, aber ich mache das unheimlich gerne“, sagt Lea Gratzer, die kürzlich ihren 15. Geburtstag feierte. Sie stammt aus einer theateraffinen Familie und stand bereits 2017 auf der Seebühne.
An das damalige Casting mit dem dänischen Carmen-Regisseur Kasper Holten erinnert sie sich gut: „Wir waren acht Mädchen und wurden ins Festspielhaus eingeladen. Dort mussten wir auf einer kleinen Bühne ein paar Szenen vorspielen. Ich sollte mir vorstellen, nachts traurig und ganz alleine durch die Straße zu laufen und dann plötzlich eine Puppe zu entdecken, was für mich das Allerschönste überhaupt wäre. Auf ein Zeichen des Regisseurs sollte ich die Puppe fallen lassen und erschrecken. Danach musste ich noch mit einem Fächer in der Hand fächern und mir vorstellen, dass ich eine erwachsene Frau wäre. Etwa eine Woche später bekam ich dann die Nachricht, dass ich das Casting gewonnen habe und die Rolle bekomme, was mich wirklich sehr gefreut hat.“
Jugendschutz
Das Gesetz schreibt vor, dass der Kinderchor seinen Auftritt bis 22 Uhr beendet haben muss. Carmen startet erst um 21 Uhr (August) bzw. 21.15 Uhr im Juli. Da er nur im ersten Akt eingesetzt wird, sind diese Auflagen gut einzuhalten. Eine offizielle Genehmigung der Landesbehörde ist dennoch nötig. Außerdem müssen die Mitglieder Schwimmkenntnisse sowie Atteste von Allgemein- und Augenarzt nachweisen.
Jugendschutz und Sicherheit sind Wolfgang Schwendinger auch in einem anderen Zusammenhang wichtig: Die Kinder und Jugendlichen werden nach der Vorstellung mit Taxis nach Hause gebracht – „und zwar direkt vor die Haustür“, betont der Chorleiter. Mit dem Abschminken zuhause gehen dann für Lea und Lea sowie ihre Chor-Kollegen unvergessliche Abende zu Ende.