Unterwegs auf Min Weag
Gernot Schweigkofler
in 31 Etappen rund um Vorarlberg
Der Vorarlberger Journalist Gernot Schweigkofler hat für den Wanderführer „Min Weag“ Kurztexte zu den Etappen über Geschichte, Geologie, Kultur und das Leben der Menschen in Vorarlberg verfasst. Für den Feldkircher gibt es auf der Rundwanderung viele wunderschöne Orte, die mit Erinnerungen verbunden sind. Und einen Ort, an den er immer wieder gerne zurückkehrt.
„Mit „Min Weag“, einer 31-tägigen Rundwanderung rund um Vorarlberg, wurde eine ganz besondere Runde für Weitwanderer geschaffen. Ich selber bin kein Weitwanderer, ich habe einmal den Jakobsweg mit dem Fahrrad von Pamplona bis Santiago de Compostela bezwungen, aber das war’s dann auch schon. Dennoch verbinde ich mit sehr viel Orten, die auf dieser grandiosen Runde rund um Vorarlberg liegen, persönliche Erfahrungen und Erinnerungen. Zum Beispiel die Hohe Kugel, ein auf den ersten Blick unscheinbarer kleiner Gipfel am Rande des Rheintals. Unscheinbar, aber von fast überall sichtbar und damit ein großartiger Aussichtsberg. Für mich ist „die Kugel“ aber einer der Berge, auf die mich meine Tante als kleines Kind mitgenommen hat: die Hohe Kugel gehört also zu meinen alpinen Früherfahrungen und wird bis heute von mir gerne „bestiegen“.
Dann wäre da die Arlbergregion, die ich besonders auf Skiern gerne besuche. Auch im Sommer einfach wunderschön – die faszinierenden Gipslöcher, der wunderschöne Körbersee, alles Orte die für mich, die das Bergerlebnis prägen. Ähnliches gilt für die Silvretta, die ich auf Tourenskiern besonders gern im Winter besuche. Etwas weiter dann Gargellen – hier ist die Alpe von Bludesch, meiner ursprünglichen Heimatgemeinde. Gerne erinnere ich mich an die Ausflüge mit meinem Großvater, einem Bauern, hinauf ins Valzifenztal. So dreht sich der Weg weiter – im Brandnertal, das Ziel und Ausgangspunkt einer Etappe ist, habe ich mehrere Jahre gearbeitet und Tal und Menschen kennen und schätzen gelernt. Die Orte rund um Feldkirch, wo ich lebe, sind immer wieder Ausflugsziele, die ich mit dem Rad oder zu Fuß, alleine oder mit der Familie, besuche. Bregenz, den Pfänder und den See muss man als Vorarlberger einfach lieben, die Rappenlochschlucht ist im Rückblick das schönste Schulausflugsziel gewesen. Den Bregenzerwald entdecke ich gerade erst in den letzten Jahren so richtig: jeder neue Besuch der Region begeistert mich dabei aufs Neue.
Einen Ort gibt es aber, der mir auf der Route besonders gut gefällt. Der Nenzinger Himmel. Das Gamperdona-Tal liegt ruhig zwischen zwei touristischen Tälern und bleibt vor allem ein Zufluchtsort der Einheimischen. Ein himmlisch schöner Rückzugsort. Als Kinder haben wir Cowboy und Indianer gespielt, sind spät nachts mit Taschenlampen zwischen den Hütten herumgerannt und haben in den paar Tagen im Jahr „im Gamperdond“ richtige Freiheit erleben dürfen. Eine Stunde Wanderung zum Hirschsee, wo wir badeten: unser „freier Radius“ war gigantisch. Das Leben war ein Abenteuer.
Diese Erinnerungen sind geblieben. Viele Jahre bin ich nur noch selten in „den Himmel“ gegangen. Andere, fernere Ziele mit einer besseren Infrastruktur waren für mich attraktiver, die komplette Abgeschiedenheit war mir plötzlich zu viel. Jetzt, als Vater zweier Kinder, der beruflich und privat eigentlich immer „online“ und erreichbar ist, kehre ich wieder sehr gerne und regelmässig zurück. Kochen am Holzofenherd, Kartenspielen an einem regnerischen Tag, ein kleiner Spaziergang zum Senntum, um Milch zu holen: „der Himmel“ ist wieder zu meinem Paradies geworden. Und wenn man dann am Abend bei einem „Bierle“ mit den Hüttennachbarn den Blick auf die sich im Licht des Sonnenuntergangs blutrot färbende Panülerwand wirft, dann ist der Alltag weit weg und man kommt bei sich selber an.
Heuer wird der Himmel wohl etwas ganz besonderes sein, genauso wie viele Orte auf der Runde um Vorarlberg. Ob Fernreisen möglich sein werden, scheint ungewiss. Der See und die Berge werden für uns Vorarlberger mit dem Auslaufen der Beschränkungen sichere und vertraute Ziele sein, die wir mit neuen Augen entdecken können. Denn jetzt wissen wir, dass nichts als selbstverständlich angenommen werden sollte.“
Gernot Schweigkofler ist Journalist und betreibt einen Reiseblog (www.wundrig.at). Er ist ein von Grund auf neugieriger Mensch und interessiert sich für fremde Plätze und Kulturen, ist aber ebenso seinem Heimatland Vorarlberg verbunden. Für den Wanderführer „Min Weag“ hat er allerlei Geschichten über Land und Leute zusammengetragen.
NEU: Wanderführer Min Weag
Im Wanderführer finden Wanderer kompakte Wegbeschreibungen, Strecken- und Höhenprofile und Tipps rund um die Weitwanderung. 31 Texte rund um Geschichte, Geologie und das Leben der Menschen in Vorarlberg laden ein, unterschiedliche Aspekte von Vorarlberg kennenzulernen.
Im Vorarlberger Buchhandel und als E-Book erhältlich.