C Literaricum Lech © Buero Magma
Lesestoff und Hörgenuss
Von international erfolgreichen Vorarlberger Autor:innen, Literaturveranstaltungen und besonderen Leseorten.
C Literaricum Lech © Buero Magma
Von international erfolgreichen Vorarlberger Autor:innen, Literaturveranstaltungen und besonderen Leseorten.
Zu den bekanntesten Literat:innen Österreichs zählen erstaunlich viele Vorarlberger:innen. Ab 2024 stellt das neue Literaturhaus Hohenems das „erlesene“ Thema noch mehr in den Mittelpunkt.
TEXT: ULRIKE WILLAM-KINZ
Vorarlberger Literat:innen
Wer gerne liest, kennt sie: Michael Köhlmeier, Monika Helfer, Arno Geiger, Doris Knecht, Eva Schmid, Wolfgang Hermann, Alex Beer, um nur einige der bekannten Literat:innen aus Vorarlberg zu nennen. Einige von ihnen leben und wirken in Vorarlberg, andere haben ihren Lebensmittelpunkt anderswo gefunden. Bei Lesungen sind sie immer wieder in Vorarlberg zu hören – und ihre Werke liegen selbstverständlich in den regionalen Buchhandlungen auf.
Ein Haus für die Literatur
Seit 2015 bildet das literatur:vorarlberg netzwerk die analoge und digitale Plattform für die Literaturszene Vorarlbergs. Für vielfältige Initiativen und regen Austausch sorgen die Obfrau und Literatin Daniela Egger sowie die Geschäftsführerin und Kulturmanagerin Frauke Kühne. Ab 2024 bekommt die Literatur nun auch ein Haus: Das Literaturhaus Hohenems entsteht in der sorgsam renovierten Villa Iwan und Franziska Rosenthal mitten in Hohenems. Es wird als Schauplatz von Literaturveranstaltungen, Workshops und verschiedenen Projekten Literatur im ganzen Land noch besser hörbar machen. Einblicke gibt außerdem der Podcast „Radetzkystraße 1“. In den Episoden kommen Gäste zu Wort, die mit der Literaturlandschaft und dem Entstehen des Literaturhauses verbunden sind.
Von Vorarlberg inspiriert
Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt Erstaunliches: Einige weltbekannte Literaten weilten in jungen Jahren in Vorarlberg und fanden hier auch Inspiration für ihre Werke und ihr späteres Schaffen.
Ernest Hemingway (1899–1962) verbrachte in den 1920-er Jahren zwei Winter im Montafon. Er liebte es, Skitouren zu gehen, mit Einheimischen Karten zu spielen und Schnaps zu trinken. Erinnerungen ans Montafon kommen unter anderem in „Schnee auf dem Kilimandscharo“ und in „Paris – ein Fest fürs Leben“ vor.
James Joyce (1882–1941) „strandete“ in den 1930-er Jahren in Feldkirch. Es heißt, während seines Aufenthaltes soll sich das Schicksal seines „Ulysses“ entschieden haben. Eindrücke seines Feldkirch-Aufenthaltes finden sich auch in „Finnegans Wake“.
Sir Arthur Conan Doyle (1859–1930) ging im Jahr 1875 in Feldkirch ins bekannte Jesuitengymnasium „Stella Matutina“, das bis 1979 bestand. Der spätere „Erfinder“ von Sherlock Holmes gab zu jener Zeit eine Schulzeitung heraus, „The Feldkirchian Gazette“.
Eduard Mörike (1804–1875) weilte 1857 mit seiner Frau im heutigen Hotel Hirschen in Schwarzenberg im Bregenzerwald auf Sommerfrische. An seinen Besuch gibt es im Hotel und im Ort zahlreiche Erinnerungen.
Literatur aus Vorarlberg
Unter den Bestseller-Autor:innen der unterschiedlichen Genres sind einige Vorarlberger:innen zu finden. Internationalen Ruhm erlangte im 19. Jahrhundert ein Schriftsteller aus dem Bregenzerwald.
Geschichten aus der Geschichte
Der bekannteste Autor aus vergangenen Tagen ist Franz Michael Felder. Er lebte in Schoppernau im Bregenzerwald, wo ein kleines Museum an ihn erinnert. Felder (1839–1869) war nicht nur ein begabter Schreiber, sondern auch Sozialreformer. Sein bedeutendstes, in mehrere Sprachen übersetztes Werk ist die berührende Biografie „Aus meinem Leben“.
Die junge Literaturszene
Mehrere Initiativen laden Kinder und Jugendliche ein, sich spielerisch und kreativ mit Sprache zu beschäftigen.
Autor:innen der Zeit – eine Auswahl
Alex Beer zählt zu den erfolgreichsten Krimi-Autor:innen Österreichs. Schauplatz ihrer August-Emmerich-Reihe ist Wien, wo sie einige Jahre lang lebte. Ihr jüngstes Werk, „Felix Bloom – Der Häftling aus Moabit“ spielt in Berlin.
In „Der Atem des Himmels“ verwebt Reinhold Bilgeri eine Liebesgeschichte und das Lawinenunglück, das 1954 das Große Walsertal heimsuchte. Der Roman wurde verfilmt. Bilgeri ist außerdem als Pop-Musiker und Songwriter bekannt.
Satirische und groteske Texte sind die Spezialität von Christian Futscher, der in Wien lebt. Zu seinen Erzählungen zählen u.a. „Wer einsam ist in der großen Stadt“, „Frau Grete und der Hang zum Schönen“ sowie „Der Mann, der den Anblick essender Frauen nicht ertragen konnte“.
Spätestens seit „Der alte König in seinem Exil“, einer Geschichte über seinen dementen Vater, ist Arno Geiger international bekannt. Aus der Feder des Autors, der in Wien lebt, stammen außerdem „Unter der Drachenwand“, „Es geht uns gut“, „Alles über Sally“ und „Ein glückliches Geheimnis“ (erschien Anfang 2023).
In den letzten Jahren hat Monika Helfer ihre Familiengeschichte aufgearbeitet und damit viel Aufmerksamkeit geweckt. Die Titel der Trilogie sind „Die Bagage“, „Vati“ und „Löwenherz“. Monika Helfer ist außerdem eine erfolgreiche Kinderbuchautorin.
Vorarlberg spielt im Werk von Wolfgang Hermann, der in Wien lebt, immer wieder eine Rolle. Vor allem in den Büchern, die von „Herrn Faustini“ erzählen. Auf ein persönliches Schicksal, den Tod seines Sohnes, geht er in den Erzählungen „Abschied ohne Ende“ und „Insel im Sommer“ ein. Im Februar 2023 erschien die Erzählung „Bildnis meiner Mutter“.
Für ihre Kolumnen, die in mehreren Zeitungen erscheinen, und für ihre Romane ist Doris Knecht bekannt. Die Autorin lebt in Wien und im Waldviertel. Ihr erster Roman „Gruber geht“ wurde sogar verfilmt. Ihr jüngster Roman heißt „Die Nachricht“.
Ein höchst umfangreiches Werk hat Michael Köhlmeier vorzuweisen. Er schreibt Romane, Erzählungen, Hörspiele, Theaterstücke und erzählt auch gerne Sagen und Geschichten im Radio oder in Hörbüchern. Sein jüngster Roman „Matou“ erschien 2021.
Im Rheintal und im Bregenzerwald ist Inspektor Ibele unterwegs. Den genussfreudigen Inspektor hat Peter Natter ins Leben gerufen. Im Hauptberuf ist der Schreibbegabte Philosoph.
Verena Roßbacher lebt in Berlin. 2022 erhielt sie für ihren Roman „Mon Cherie und unsere demolierten Seelen“ den Österreichischen Buchpreis.
Ihr Wohnort Bregenz spielt in den Büchern von Eva Schmid eine tragende Rolle. Nach einer langen Schreibpause meldete sie sich vor wenigen Jahren mit den vielbeachteten Romanen „Ein langes Jahr“ und „Die talentierte Lügnerin“ zurück.
Der Debütroman „Schlafes Bruder“ von Robert Schneider war ein Welterfolg, der auch verfilmt wurde. Heute schreibt der Autor, der in Vorarlberg lebt, primär Kolumnen. 2022 erschien sein „Buch ohne Bedeutung“.
Besondere Lese- und Hör-Orte
Rund 100 öffentliche Bibliotheken gibt es in Vorarlberg. Zwei stechen architektonisch besonders hervor: die Vorarlberger Landesbibliothek in Bregenz sowie die Stadtbibliothek Dornbirn. In Feldkirch macht das Buch „Paula“ die Stadt aus literarischer Perspektive erlebbar.
Auch wenn man kein Buch lesen oder ausleihen will, lohnt die Vorarlberger Landesbibliothek in Bregenz einen Besuch. Sie ist im ehemaligen „Gallusstift“ untergebracht, einst Kloster, später Mädchengymnasium. Besonders eindrucksvoll ist der Bibliotheksraum in der ehemaligen Kirche des Stiftes.
Im Rahmen von individuell zu vereinbarenden Führungen ist die Barockbibliothek des Klosters Mehrerau in Bregenz zugänglich. Der kunstvoll eingerichtete Saal in der Zisterzienserabtei, ausgeschmückt von einem Bregenzerwälder Barockbaumeister, beherbergt historische Handschriften und Drucke.
Vor wenigen Jahren bekam Dornbirn eine neue Stadtbibliothek, deren Äußeres einen Bezug zum Innenleben darstellt. Das Gebäude ist aus vier Parabeln geformt. Die Außenfassade, konzipiert als Sonnenschutz, besteht aus Keramikziegeln, die an Bücherregale erinnern.
„Paula“ heißt der literarische Begleiter, der durch Feldkirch führt. Autor:innen aus der Stadt machen unterschiedliche Plätze und Orte lesbar und erlebbar.
Literatur & Schnipsel
Was hat das Nibelungenlied, das mittelalterliche Heldenepos, mit Vorarlberg zu tun? Die Handschriften A und C des kulturhistorisch bedeutenden Werkes wurden im 18. Jahrhundert in Hohenems gefunden. Die Grafen von Hohenems hatten sie in ihrer Palastbibliothek aufbewahrt. Heute tragen die wertvollen Handschriften das Prädikat UNESCO-Weltkulturerbe. Die Handschrift A befindet sich heute in der Bayerischen Staatbibliothek in München, die Handschrift C in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe.
„Hilfe kommt aus Bregenz“ schrieb der bekannte Schriftsteller Franz Kafka 1916 in sein Tagebuch. Niemand weiß, was Kafka zu diesem Satz bewegte. Immerhin verschaffte er Bregenz einen Platz in der Weltliteratur.
Was hat es mit dem „Ritt über den Bodensee“ auf sich? Die Redewendung besagt, etwas sehr Gefährliches, Wagemutiges gemeistert zu haben. Sie bezieht sich auf die Ballade „Der Reiter und der Bodensee“ von Gustav Schwab (1792–1850). Der deutsche Dichter schreibt darin von einem Reiter, der bei schlechtem Wetter ans andere Ufer des Bodensees gelangen will und in seiner Eile nicht merkt, dass er über den zugefrorenen See geritten war.
Aufmerksame Zugreisende sehen an der Friedhofsmauer am Bahnhof Feldkirch das Zitat „Als der Zug langsam in Feldkirch einfuhr und man den grellen Kegel der Scheinwerfer sah, hatte ich wenig Hoffnung.“ Es stammt vom deutschen Dichter Carl Zuckmayer (1896–1977), der 1938 flüchten musste. Er schaffte es, in die Schweiz zu gelangen, wo er bis zu seinem Tod lebte.