Funken-Abbrennen: Ein lebendiges Brauchtum in Vorarlberg
In vielen Teilen Vorarlbergs ist altes Brauchtum und jahrhundertealtes Kulturgut noch lebendig. Der für das alemannische Vorarlberg typischste winterliche Brauch ist der des Funken-Abbrennens.
Datum: 11. Februar 2020
Das Brauchtum in Vorarlberg ist vorwiegend geprägt vom bäuerlichen Jahreskreis und dem christlichen Glauben, aber hin und wieder finden sich auch noch uralte Spuren heidnischer Bräuche. Viele alte Traditionen sind in den letzten Jahrzehnten verschwunden. Um dies zu verhindern bemühen sich Volkskundler, Dorfchronisten und Geschichtsvereine um die Wiederbelebung so manchen Brauches.
Vorarlberg ist das einzige alemannische Bundesland Österreichs und somit auch das einzige, das die sogenannte „alemannische Fasnacht“ feiert. Vor allem in den Städten und größeren Gemeinden des Rheintals und Walgaus gibt es Faschingszünfte, Guggenmusiken, ein Faschings-Prinzenpaar, Bälle mit Büttenreden und Faschingsumzügen. Diese Veranstaltungen verteilen sich auf den gesamten Zeitraum des Faschings, der mit der Ernennung des Prinzenpaars am 11. November des Vorjahres beginnt und mit Beginn der Fastenzeit am Aschermittwoch endet.
Funken-Abbrennen: Ein jahrhundertealtes Spektakel
Seit Jahrhunderten lassen die Alemannen den Fasching mit dem Brauch des Funken-Abbrennens ausklingen – eine feierliche Zeremonie, die am Samstag und Sonntag (29. Februar und 1. März 2020) nach dem Aschermittwoch stattfindet. Dazu bauen die Funkenzünfte in ganz Vorarlberg bis zu 30 Meter hohe Türme aus Abfallholz – kunstvolle, mehreckige Gebilde – die am Abend des Funkensamstags bzw. -sonntags entzündet werden. Der Höhepunkt ist die Explosion der Hexe, die mit Pulver gefüllt ganz oben auf der Spitze des Holzturmes angebracht wird. Das Funkenspektakel wird mit Musik und meist auch einem Feuerwerk begleitet. Es gibt die traditionellen, aus Hefeteig gebackenen „Funkaküachle“ zu essen und Wärmendes zu trinken. Schon seit jeher soll dieses Brauchtum den Winter und die wilden Geister des Faschings vertreiben.
Im Montafon, speziell in der Ortschaft Gortipohl, wird zusätzlich zum Funken-Abbrennen der Brauch des „Scheibenschlagens” praktiziert: Über einem sogenannten Scheibenstock – ein etwa zwei Meter langes, glattes Brett – fliegen an einem Abend rund 500 glühende Scheiben, die jeweils einen leuchtenden Bogen am dunklen Nachthimmel hinterlassen. Die Scheiben werden zuvor in Handarbeit geschlagen und bearbeitet. Waren es früher die Jugend und Schulkinder, die das Scheibenschlagen ausführten, ist heute die Funkenzunft Gortipohl für diese Brauchtumspflege verantwortlich. Die Ursprünge dieses anfangs heidnischen Rituals gehen Jahrhunderte zurück, seit 2016 ist das Scheibenschlagen im nationalen Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der UNESCO gelistet.
Auch in der Gemeinde Bürs, dem Eingangstor des Brandnertals, wird am Funkensonntag nicht nur das Funkenfeuer entzündet: Uralte, selbst gebastelte Lampions aus Buntpapier erleuchten zusätzlich die Nacht. Da diese runden Leuchtkörper geschälten Pomeranzen – die ursprüngliche Bezeichnung für Orangen – ähneln, werden sie als „Puma“ bezeichnet. 47 unterschiedliche Exemplare gibt es, die Roland Rettenberger am Dachboden seines Elternhauses das ganze Jahr über hütet. Rolands Familie hat dieses Amt schon seit vielen Generationen inne. Am Funkenabend werden die Lampions mit 100 neuen Kerzen bestückt, gefolgt von einem Umzug durch die Gemeinde Bürs in Richtung Funkenplatz, wo am späteren Abend der Funken entzündet wird.
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