C Liftanlage Skischule Schwarzenberg mit Lothar Fetz © Nina Bröll
Skipionier
Lothar Fetz
Er war sechs Jahrzehnte lang Skilehrer und entwickelte gemeinsam mit einem Freund die Zauberstab-Methode, die verspricht, Kindern in nur vier Einzelstunden das Skifahren beizubringen. Die Kurse mit Erfolgsgarantie sind heute Vorbild für viele Skischulen. Der Schwarzenberger Lothar Fetz, Jahrgang 1938, gilt deshalb zu Recht als Skipionier im Land – und freut sich schon auf ein paar „zünftige Abfahrten“ in den kommenden Wintersaisonen.
TEXT: DANIELA KAULFUS
Mit gebräuntem Teint und breitem Lächeln greift Lothar Fetz nach dem Tellerbügel des Skilifts, als würde er gleich die Piste hinunterwedeln. Dabei steht er in Schuhen mitten auf der grünen Wiese, die Herbstsonne scheint und die Berge im Hintergrund sind leicht angezuckert. Er posiert gekonnt für die Fotografin, während er mit ausladenden Bewegungen die Vorteile des Hangs für Skianfänger erklärt. „Leichte Neigung, keine Unebenheiten und man hat alles im Blick!“ Der Weißtanne-Lift liegt am Bödele direkt unterhalb der Skischule Schwarzenberg, die Lothar Fetz im Jahr 1979 gründete. Nicht nur deshalb gilt er als Skipionier.
Fetz entwickelte den Zauberstab, der – ganz ohne Hokuspokus – aus jedem Debütanten einen passablen Skifahrer macht. Und zwar garantiert in vier Einzelstunden. „Wir haben in Schwarzenberg die dritte Generation Eltern, die mit ihren Kindern zum Skifahren kommen“, erzählt er. Selbst unterrichtet er nicht mehr, schnallt sich aber immer noch gerne die Bretter an. „Mittelsteile, gut präparierte Pisten sind mir am liebsten, darum bin ich viel am Bödele“, sagt Fetz. Zwischendurch eine „zünftige Abfahrt“ den Lank oder nach Schwarzenberg hinunter sei aber schon „a G’schicht“.
Die Erfindung des Zauberstabs
Gemeinsam mit einem Freund, dem Sportlehrer Fritz Jenny, bot er nicht nur die ersten Ausbildungskurse für Skilehrer:innen in Vorarlberg an. Mit ihm organisierte er auch die ersten Kinderskikurse am Bödele und feilte an der Unterrichtsmethode. „Das Wesentliche sind die kindliche Sprache und spielerische Bewegungsaufgaben. So hüpfen wir wie Hasen oder stampfen wie Elefanten“, beschreibt er. Der Zauberstab kam dazu, als er einem Behinderten das Skifahren beibrachte. Statt der Enden spreizte dieser die Spitzen zum Pflug. Nach Fehlversuchen, sie mit einem Gummi zusammenzuhalten, entwickelte er den Zauberstab: An einen knapp zwei Meter langen Haltegriff schweißte dann ein Kollege zwei metallene Schlaufen. Darin fädelte Fetz die Skispitzen ein und führte den Schüler – selbst rückwärtsfahrend – den Hang hinunter. Aus der Not wurde Schule. Anfangen können Kinder bereits mit dreieinhalb Jahren.
Fetz selbst musste sechs Jahre alt werden, bis er das erste Mal auf Skiern stand – für hiesige Verhältnisse relativ spät. „Skischule hat es keine gegeben, wir Spielkameraden haben einander gezeigt, wie es geht“, erinnert er sich. Skilifte gab es auch nicht. „Wir sind die Angelikahöhe oder hinterm Gasthof Ochsen den Hang hinaufgetrippelt und hinuntergefahren.“ Am Ende musste man möglichst eindrucksvoll abschwingen – „an Kristler aneschrenza, haben wir dazu gesagt“.
Erste Stahlkanten anno 1950
Von verschiedenen Techniken oder Ausrüstungen war man weit weg. „Die Skier haben wir immer weitergegeben – einfache Brettle, die schon beschädigt waren“, sagt Fetz. Moderne Materialien, verschiedene Längen, Taillierungen und Bindungen kamen viel später, „Stahlkanten gab es ab den 1950er-Jahren. In Schwarzenberg hatten wir einen Wagner, den Ski Fink, der hat die ersten Ski selbst gemacht“, berichtet Fetz, der heute selbst zwei bis drei unterschiedliche Paar Ski besitzt.
1951 wurde der Lanklift am Bödele installiert. „Ab 1954 war ich in der Bäckerlehre und hatte am Nachmittag immer frei. Da bin ich immer Skifahren gegangen. Es gab richtige Bäckerrudel“, erzählt Fetz lachend. Seine Leidenschaft fürs Skifahren wuchs mit der Fortbildung, wobei Lothar Fetz‘ Skilehrerkarriere 1960 mit einer Hauruckaktion startete: „Zu Weihnachten brauchte es rasch Skilehrer und ich war bekannt als leidlicher Skifahrer. Meine Prüfung bestand aus ein paar Pflugbogen vor dem Hotel, danach habe ich die erste Gruppe geleitet.“ Sein Vorteil war, dass er zuvor schon im Bundesheer Skifahren gelehrt hatte und sein Können an Rekruten weitergeben konnte.
„Skifahren war mein Leben. Ich habe den ganzen Winter auf Skiern verbracht“, erzählt er. Lehrer ist er geworden, „weil es mich immer interessiert hat, jemandem etwas beizubringen und zu sehen, wie es wächst“. Die Kunden hätten sich in den letzten Jahrzehnten aber gewandelt: Heute werden Einzelskikurse viel stärker nachgefragt. „Die sind natürlich viel effizienter als Gruppenskikurse, in denen man sich nach den Schwächsten richten muss. Gruppenerlebnisse und die Kommunikation standen früher viel mehr im Vordergrund als das Skifahren.“
Skilehrer als Multiplikatoren für den Tourismus
Davon profitiere er selbst: In den 70er- und 80er-Jahren, als hauptsächlich Holländer in Schwarzenberg auf Urlaub waren, hat der junge Lothar Fetz Holländisch gelernt. „Ich war den ganzen Tag mit den Gruppen auf der Piste, abends waren sie bei mir im Café.“ Mit vielen Stammgästen ist er bis heute freundschaftlich verbunden. Drei davon trifft er später im Mesmerstüble, seinem ehemaligen Café, und tauscht sich mit ihnen in fließendem Holländisch aus. „Skilehrer sind Multiplikatoren für den Tourismus“, sagt er. „Wenn ich Gäste in ihrer Sprache anspreche und es mir auch noch gelingt, Skifahren als besonderes Erlebnis in der Natur zu vermitteln, dann schätzen sie das und kommen immer wieder.“
Jahrzehntelang war Fetz auch Geschäftsführer des Tourismusverbands Schwarzenberg und der Haldenlifte-Gesellschaft. Seine gesellige Art, die ausgeprägte Affinität zum Tourismus und seine Sprachkenntnisse führten dazu, dass er Vorarlberg Tourismus sogar auf einigen Tourismusmessen in den Niederlanden repräsentierte.
Sicher unterwegs
Der Skisport ist seither breiter geworden: Pisten, Tiefschneehänge, Buckelpisten, Snow- und Funparks sowie Skitouren locken Wintersportler jedes Alters in den Schnee. Letzteres seit Corona noch mehr als früher. Die Sicherheit sei deshalb ein viel größeres Thema geworden, insbesondere im freien Gelände. „Können, der richtige Ski für Tiefschnee, Sicherheitsausrüstung mit Sonde, Piepser, Handy – das ist ein Muss, um eine Rettungskette in Gang zu setzen. Das muss man auch mindestens einmal im Jahr üben, um im Stress richtig zu handeln“, rät der erfahrene Skifahrer, der selbst nur einmal aufgrund Schlechtwetters in eine kritische Situation geriet. „Zudem braucht es Kenntnisse über Schneebeschaffenheit und Witterung, um Rückschlüsse auf die Lawinensituation zu ziehen. Ein ortskundiger Skiführer an der Seite ist die perfekte Begleitung“, empfiehlt Lothar Fetz, der solche Touren heute lieber anderen überlässt und sich nach jeder Wintersaison schon wieder auf die ersten Pistenabfahrten am Bödele der nächsten freut.