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James Turrell in Lech (c) Maria Muxel

Himmel auf Erden

James Turrell am Arlberg

Naturerlebnis
in Vorarlberg

Reportage

Skyspace von James Turrell

Der weltberühmte Künstler James Turrell war bei einer Wanderung rund um Lech am Arlberg so von der Bergwelt fasziniert, dass man hier nun einen seiner Skyspaces realisiert – einen Raum, in dem das Licht neu erlebt wird

TEXT: THOMAS ZWICKER


Die Luft ist glasklar hier oben und wunderbar frisch. Eine heilsame Stille liegt über dem Tannegg-Hügel, einem kleinen, beinah perfekt geformten Kegel auf 1.780 Meter über dem Meeresspiegel nahe der Schlosskopfbahn hoch über Lech am Arlberg. Ringsum tut sich eine gewaltige Berglandschaft auf, ragen Biberkopf, Karhorn, Mohnenfluh und Omeshorn ins blaue Firmament. Das Tannegg wirkt in seiner Abgeschiedenheit ein wenig wie aus der Zeit gefallen, ein Kraftort mit bezaubernder Aussicht, an dem Wanderer innehalten. Und der bald Bühne ist für eins der großen Kunstwerke unserer Zeit.

Kultur ist für uns sehr, sehr wichtig“, sagt der Bürgermeister, „und zwar nicht nur für die Gäste, sondern auch für uns Einheimische.“

Ludwig Muxel, Bürgermeister von Lech
Skyspace Lech, „ The color inside “ University of Texas, Austin, 2012 © James Turrell Foto: Holzherr

Künstler am Berg: James Turrell am Standort Tannegg bei Lech am Arlberg; seine Skyspaces spielen mit Raum und Licht

„Es gibt hier wenig Lichteintrag vom Dorf her, somit ist es ein idealer Ort, um einen Skyspace zu installieren“, sagt Ludwig Muxel, ehemaliger Bürgermeister von Lech, und er erklärt und zeigt und formt mit seinen Händen so enthusiastisch und mit so viel Liebe das geplante Projekt, dass das Kunstwerk beinahe schon sichtbar wird. Die Ruhe des Ortes, der Kontrast zum oft auch turbulenten Urlauberleben sommers wie winters in Lech sind für Ludwig Muxel von großer Bedeutung. „Kultur ist für uns sehr, sehr wichtig“, sagt der Bürgermeister, „und zwar nicht nur für die Gäste, sondern auch für uns Einheimische.“

Am Anfang standen die großen
„Eisenmänner“ von Antony Gormley

Kultur hat im wunderschönen Naturraum rund um Lech Zürs am Arlberg seit geraumer Zeit ihren Platz. Anno 2010 realisierte das Kunsthaus Bregenz mit Antony Gormley, einem der wichtigsten zeitgenössischen Bildhauer Großbritanniens, unter dem Namen „Horizon Field“ eine gewaltige Landschaftsinstallation. Genau 100 lebensgroße Eisenfiguren wurden auf einer Fläche von 150 Quadratkilometern in jeweils 2.039 Meter Höhe im Vorarlberger Lechquellengebiet aufgestellt, dazu gab es Landkarten der Standorte, Projektbeschreibungen, Wandervorschläge, Vorträge und Workshops. Ein Kunstprojekt im öffentlichen Raum, das international Aufsehen erregte.

Antony Gormley, Lech, Kriegerhorn (c) Foto Markus Tretter, Kunsthaus Bregenz, Antony Gormley
Skyspace Piz Uter, Zuoz ©James Turrell, Courtesy: Häusler Contemporary München | Zürich Foto: Holzherr

Rundbau: der Skyspace „Piz Utor“ in Zuoz, Schweiz
Weitblick: Skulptur des Vorgängerprojekts Horizon Field von Antony Gormley

Gormleys Anliegen, Kultur in die Natur zu integrieren, wurde von den Menschen begeistert aufgenommen – Tausende Wanderer und Skiläufer kamen, um die Eisenmänner im Hochgebirge zu bewundern. Die Figuren sollten eine „tiefe Verbundenheit zwischen dem sozialen und geologischen Raum, zwischen Landschaft und Erinnerung“ darstellen, so ihr Schöpfer. Der in Vorarlberg gegründete Kunstverein Horizon Field setzte sich folgerichtig zum Ziel, das ursprünglich bis 2012 angelegte Projekt fortzuführen und die 100 alpinen Skulpturen dauerhaft zu erhalten. Dieses Vorhaben scheiterte, und fast alle 640-Kilo-Schwergewichte wurden abmontiert, lediglich ein letzter Eisenmann blieb oberhalb der Kriegeralpe bis heute stehen.

Da man in Vorarlberg ungern jammert, sondern lieber positiv denkt und anpackt, beschloss der Verein bald, ein Folgeprojekt mit einem anderen international renommierten Künstler zu starten. In Zusammenarbeit mit dem heimischen Galeristen Wolfgang Häusler (Galerie Häusler Contemporary) wurde der amerikanische Lichtkünstler James Turrell für das Unternehmen Skyspace in Lech gewonnen. Unter Leitung von Machern wie Otto Huber (Obmann) und Artur Vonblon (Finanzen) einigte sich der Verein Horizon Field mit den Grundeigentümern, holte Genehmigungen ein, arbeitete an der Finanzierung. Das Projekt Skyspace Lech nahm Formen an.

Skyspace Lech, Arlberg,, James Turrell (c) Maria Muxel

Die Skyspaces des James Turrell sind speziell proportionierte Räume, in die durch eine Öffnung in der Decke das Licht einfällt

„Oft schauen wir zum Himmel und denken, dass er so weit weg ist. Aber meine Skyspaces bringen den Himmel herunter an die Decke des Raumes, in dem man sich befindet.“

James Turrell
Foto David Heald © James Turrell Courtesy Häusler Contemporary München | Zürich
Foto David Heald © James Turrell Courtesy Häusler Contemporary München | Zürich

Licht-Malerei: Farbspiele der Arbeit „Aten Reign“ im Solomon R. Guggenheim Museum, New York

James Turrell ist in Vorarlberg kein Unbekannter, schon 1997 hatte er die Eröffnungsausstellung des Kunsthaus Bregenz mit seiner Lichtinstallation in der Außenfassade illuminiert. Auf Einladung des Vereins Horizon Field kam Turrell im September 2014 in die Vorarlberger Bergwelt und wanderte auf der Suche nach einem geeigneten Ort für einen seiner Skyspaces auch über Oberlech zum Tannegg. Auf Anhieb war der stattliche Mann mit schlohweißem Vollbart und buschigen Augenbrauen von dieser Gebirgslandschaft fasziniert, erkannte das Tannegg bald darauf als hervorragend geeigneten Ort für einen ganz besonderen Skyspace. Schnell erstellte der Künstler erste Skizzen für das Projekt, das nun vom renommierten heimischen Architektenbüro Baumschlager-Eberle umgesetzt wird mit dem Ziel, Landschaft, Natur und Kultur in Verbindung zu bringen.

Sksyspace, James Turrel, 1st Sketch, Skizze © James Turrell, Konzept skyspaceLech

„Lech Skyspace 1st Sketch“, Skizze: James Turrell

Die Skyspaces des James Turrell sind speziell proportionierte Räume, in die durch eine Öffnung in der Decke das Licht einfällt – teils in bestehende Bauten integriert, teils eigens errichtet. „Oft schauen wir zum Himmel und denken, dass er so weit weg ist. Aber meine Skyspaces bringen den Himmel herunter an die Decke eines Raums, in dem man sich befindet“, sagt der Amerikaner. Sein spektakulärstes Projekt „Roden Crater“ ist ein riesiger erloschener Vulkan bei Flagstaff in Arizona, den Turrell seit 1974 mit hineingefrästen Stollen und Tunneln samt zum Himmel gerichteten Öffnungen, Skyspaces, in ein gigantisches Lichtkunstprojekt verwandelt. Mehr als 60 kleinere Skyspace-Objekte gibt es heute in aller Welt – und auch das Werk in Lech am Arlberg soll zu dem Ort in den Alpen passen.

James Turrell hat bis heute rund
60 verschiedene Skyspace-Projekte
in der ganzen Welt realisiert

Turrells Planung sieht vor, das Objekt weitgehend unterirdisch im Inneren des Bergkegels anzulegen. Ein 15 Meter langer Tunnel gewährt Zugang zum ovalen Hauptraum, der sechs mal neun Meter misst, 5,20 Meter hoch ist und Platz für ca. 30 Besucher bietet. Die ovale Öffnung in der Decke ist mit einer Kuppel versehen, die bewegt werden kann und je nach Wetter und Lichteinfall für unterschiedliche Wahrnehmungseffekte sorgt, besonders bei Dämmerung sind phänomenal Eindrücke zu erwarten. Drei Lichtinstallationen erzeugen zudem variable Farbstimmungen.

Was mich interessiert, ist die Wirkung des Lichts auf dich und deine Wahrnehmung ...

Künstler James Turrell
James Turrell in Lech (Sept. 2014) Foto: Maria Muxel

James Turrell in Lech am Arlberg

Von außen wird der Skyspace Lech kaum zu erkennen sein, mit großer Achtsamkeit perfekt integriert in die Natur. Als Schweigeraum, als Platz zur Entschleunigung und Erholung wird er schon heute begrüßt. „Was mich interessiert, ist die Wirkung des Lichts auf dich und deine Wahrnehmung“, hat der Künstler einmal in einem Interview dazu gesagt, und: „Man fliegt durch etwas fast Flüssiges hindurch, die Luft wird zum Material, einem wunderbar intensiv leuchtenden Material.“

Einheimische und Urlauber können dieses mystische Gefühl in Lech ab dem 17. September 2018 nach Eröffnung des Kunstwerks erleben.

James Turrell in Lech (Sept. 2014) Foto: Maria Muxel
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Ludwig Muxel, Otto Huber und Artur Vonblon erzählen über das Kunstwerk

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